Framing Politik

Politik will mit Framing aus der „Letzten Generation“ einen elitären Haufen machen

Politiker kritisieren die „Letzte Generation“, die seit längerem mit Klebeaktionen auf viel befahrenen Straßen auf die Klimakrise aufmerksam macht und dabei Gewaltausbrüche erlebt und harsche Gerichtsurteile kassiert, neuerdings als „elitär“. Das ist der Versuch eines Framings.

Eine Recherche ergibt, dass Tarek Al-Wazir, in Hessen grüner Minister für Wirtschaft, Energie und Verkehr, das wohl zuerst öffentlich geäußert haben soll. Auch die grüne Bundestagsfraktion spricht von einem „elitären und selbstgerechten Protest“.

Der Begriff „elitär“ geht übrigens nicht auf sein direktes französisches Vorbild „Elite“ zurück, sondern soll eine eigenständige Wortbildung des Deutschen sein. Die sei erst ab Mitte der 1930er Jahre bezeugt, heißt es beim „Zentrum für digitale Lexikographie der deutschen Sprache“.

Seit den 1970er Jahren bedeute der Begriff auch arrogant oder abgehoben, was mit der Elitenkritik der Protestbewegungen in dieser Zeit in Verbindung stehen soll. Das Zentrum für digitale Lexikographe betont: „Einer Elite anzugehören ist akzeptabel oder sogar sehr ehrenwert, elitär sollte man aber auch als Angehöriger einer Elite nicht sein.“

Nun zählt man zur Elite meist politisch, wirtschaftlich, sportlich, künstlerisch oder akademisch tätige Menschen in Spitzenpositionen. Sie müssen mit der Gefahr leben, elitär zu wirken, auch hochrangige Politiker. Denen der FDP unterstellt man beispielsweise, dass sie gern mit dem Porsche über Autobahnen rasen (Vorsicht, Klischee!).

Statt Framing vielleicht besser in Debatte über Zukunft einsteigen?

Interessant ist, dass die FDP sich noch nicht eingereiht hat in die Mahner, die die Letzte Generation als elitär abstempeln. Vielleicht aus Sorge, ihre Mitglieder könnten dieses Alleinstellungsmerkmal verlieren? Oder weil Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gerade vielleicht lieber auf politische Elite macht? Hat er doch alle Verbrenner-Motoren Deutschlands, Europas und der Welt und zusätzlich damit das Klima gerettet. Ich weiß, das so zu schreiben ist unfair, immerhin hat er sich aktuell mit der Letzten Generation zum Gespräch verabredet.

Mich persönlich haut in der ganzen Debatte um, dass nun auch der Oberbürgermeister meiner Heimatstadt Dortmund, Thomas Westphal, die Damen und Herren der Letzten Generation als elitär bezeichnet haben soll. Der SPD-Politiker warnt demnach vor der Gefahr, dass Klimaschutz „als reines Eliteprojekt verstanden wird.“ So zitiert zumindest die Süddeutsche Zeitung aus einem Brief des Stadtoberhauptes an die Aktivistinnen und Aktivisten.

Für mich ist das Framing, was bedeutet, dass in der öffentlichen Wahrnehmung um einen Begriff herum ein Rahmen gesetzt wird, damit er anders wirkt. Denn wie das gerahmte Bild wirkt beim Framing auch ein Begriff je nach Rahmen etwas anders. Sprich: Politiker rahmen die Letzte Generation neuerdings als elitär ein, weil das bei den Massen nicht so gut ankommt. Damit kennen die sich bei der FDP übrigens gut aus, bisher waren Porsche-fahrende Liberale eher die Elitären.

Wie hilflos sind wir eigentlich? Eine kleine Fraktion von Menschen, die sich auf ungewöhnliche Weise gegen eine große, verharrende Masse stellt, mit Framing zu bekämpfen, anstatt in eine konstruktive Debatte über die Zukunft einzusteigen?

Foto: Deutscher Bundestag / Thomas Trutschel / photothek

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