Wer in den 90ern den rasanten Start des Internets erlebt hat, erinnert sich bestimmt auch an die plötzliche Flut an Newslettern. Irgendwann hat man sie wieder abbestellt, es wurden zu viele, manche waren reine Werbung, enthielten wenig Information.
Heute haben wir uns an eine andere Form der Berieselung gewöhnt: Social Media. Tools wie TikTok, Instagram, Facebook, Twitter und Co liefern uns das an Video, Foto und Text aus, was sie meinen, dass wir es sehen sollten. Dahinter steckt immer ein Algorithmus, der das Ausliefern steuert, der auf Milliarden an Nutzerdaten zurückgreifen kann, der von IT-Experten programmiert wird.
Damit ist das, was früher gut geschulte Journalisten in Zeitungsredaktionen taten – Nachrichten zu prüfen und zur Veröffentlichung auszuwählen –, heute Aufgabe von programmierten Algorithmen. Und Vergangenheit ist auch, dass wir früher immer wussten, hinter welcher Zeitung welcher Verleger stand, und damit wussten, ob das Blatt konservativ, liberal oder eher links berichtete.
Twitter, Facebook und Instagram statt Newsletter
Aber wer bestimmt dann heute, wie die Algorithmen entscheiden? Schauen wir uns doch mal die Köpfe hinter dem Programmiercode an. Am prominentesten ist heute sicher Elon Musk. Er hat vor kurzem Twitter übernommen und mit seinen übereilten Reformen des Kurznachrichtendienstes für viel Unruhe gesorgt. Fest steht, dass dort neuerdings Verschwörung wieder leichter möglich ist, viele alte Bekannte nach ihrer Sperrung zurück sind. Wer über Twitter seriöse Pressemitteilungen seines Unternehmens verbreiten möchte, sollte sich also fragen, ob der Algorithmus weiterhin neutral an alle Follower des Accounts und Beobachter dazu passender Hashtags den eigenen Tweet mit Pressemitteilung ausliefert.
Nicht weniger bekannt ist Marc Zuckerberg. Gestartet ist er 2004 mit Facebook, heute besitzt er Instagram, Facebook, WhatsApp und Messenger. Allein die ersten beiden haben fast fünf Milliarden Nutzer weltweit. Nicht wenige Prominente, aber auch Regierungen haben mit ihm über Jahre gestritten, warum diese oder jene Nachricht bei Facebook erscheint und eben andere nicht.
Google und Youtube
Die Suchmaschine Google, so unscheinbar die helle Seite mit bescheidener Suchmaske auch aussieht, hat nicht weniger Bedeutung. Im September 1997 registrierten Larry Page und Sergey Brin die Domain. Danach haben die beiden die Suche im Netz revolutioniert und entwickelten die Algorithmen dahinter immer weiter, setzen heute selbstverständlich auch auf Künstliche Intelligenz. Google-Chef ist heute Sundar Pichai, das Google-Videoportal Youtube leitet seit 2014 Susan Wojcicki, die jetzt aber geht, wie der Spiegel berichtet. Neuer Chef wird Neal Mohan, der bereits einer der Topmanager der Videoplattform war.
TikTok und WeChat
Diese neue Plattform, die 2016 als App erschien und inzwischen weltweit mehr als eine Milliarde Accounts zählt, betreibt das chinesische Unternehmen ByteDance. Ihr Chef heißt Shou Zi Chew. Auch deutsche Politiker scheuen sich nicht mehr, TikTok zu nutzen, um junge Menschen zu erreichen.
Aus China kommt auch WeChat, das dort Facebook kopieren will. Weltweit nutzen aktuell rund 1,3 Milliarden Menschen die Plattform, die vom Internetkonzern Tencent betrieben wird. Chef ist dort Pony Ma Huateng. WeChat wurde im Januar 2011 veröffentlicht und unterstützt viele Sprachen wie Chinesisch, Deutsch, Türkisch, Polnisch und Italienisch.
Auch die Netzwerk-Plattform LinkedIn nimmt an Bedeutung zu, da sie Posts mit Inhalten ihrer Mitglieder ausspielt, also einen Algorithmus besitzt. Ryan Roslansky leitet seit 2020 das Unternehmen, das im Jahr 2022 weltweit fast 900 Millionen Nutzer zählte.
Elon Musk, Marc Zuckerberg, Sundar Pichai, Neal Mohan, Shou Zi Chew, Ryan Roslansky – wer sind diese Menschen, die Algorithmen programmieren lassen, die über unsere Wahrnehmung der Welt in sozialen Medien entscheiden? Herauszufinden, was ihre Ziele sind, was sie denken, dürfte schwierig sein. „Bei sozialen Netzwerken weiß man nie, ob sie morgen von einem geistig verwirrten Milliardär gekauft werden“, sagt der Onlinemarketingexperte Karl Kratz im Spiegel-Interview.
Sollten wir also doch besser wieder zurück zum Newsletter gehen? Für Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen ist das bestimmt eine Überlegung wert. E-Mails haben die Art, wie wir kommunizieren, revolutioniert. Sie sind ein direkter Weg, um Nachrichten und Angebote zu verbreiten. Das hat sich auch mit den neuen Medien wie WhatsApp oder sozialen Netzwerken nicht verändert.
Eine E-Mail-Adresse ist deutlich mehr als nur eine Anschrift für persönliche Nachrichten. Deshalb hat ein Newsletter auch heute noch Relevanz – vorausgesetzt, er hat einen Nutzen für den Empfänger. Wie der entsteht, bestimmt man selbst, nicht ein Algorithmus.
Foto: Mohamed Hassan auf Pixabay